Was ist uns Labyrinth?

Das Labyrinth ist eines der ältesten Bildsymbole der Menschheit.

Seine Ursprünge lassen sich ca. 5000 Jahre zurückverfolgen.
Seine Darstellung und sein Gebrauch sind Teil der Kulturgeschichte
der Völker der ganzen Welt. Mit dem Labyrinth greifen wir ein Symbol auf,
das für das Prinzip des Lebens steht.

Das Labyrinth ist ein komplexes Symbol.

Es ist der Kosmos, die Welt, das Leben, der Weg zu uns selbst.
Es lehrt uns, das jeder Mensch und alles, was uns auf dem Weg
begegnet, eine Chance ist, unser Weltbild zu bereichern.

Das Labyrinth ist kein Irrgarten.

Gibt es auch immer wieder Wendungen, führt uns doch ein Weg
zuverlässig in die Mitte und wieder hinaus. Hin und her pendelnd
verbindet er innen und außen, links und rechts, oben und unten.
So fügt er Gegensätzliches zu einer Einheit zusammen.
Wir werden daran erinnert, dass erst die Integration und
Vernetzung aller Ebenen ein Leben in Fülle ermöglicht.

Das Labyrinth ist ein Erfahrungssymbol.

Ein begehbares Labyrinth gibt uns die Möglichkeit zu erfahren,
wie es sich anfühlt, den gesamten Raum auszuloten,
sich von verschiedenen Seiten – mit der nötigen Um-Sicht – dem Ziel zu nähern.
Die Struktur des Weges bringt uns das Zyklische des Lebens zurück ins Bewusstsein
und lässt Wechsel und Wandel nicht als persönliches Versagen,
sondern als Grundmuster des Lebens erkennen, das der Entwicklung dient.

Im Folgenden einige ganz persönliche Worte von verschiedenen Frauen zum Thema „Was ist mir Labyrinth“.

Was ist mir Labyrinth

Angelika Kühn, September 2018

Unsicher beginne ich zu Gehen. Wohin wird mich der unbekannte Weg führen? Angetrieben von ständiger innerer Unruhe stelle ich erleichtert fest, dass ich mein Ziel nicht auf kürzestem Weg und in Bestzeit erreichen muss. Hier habe ich plötzlich alle Zeit der Welt, als würde sie sich ausdehnen und mir Platz machen für meine eigenen Erfahrungen. Ich spüre meine Füße beim Gehen, das Gras kitzelt, mein Atem wird ruhig.

Eine Wendung des Weges lässt mich die Richtung ändern. Wenn ich Umwege gehen muss, komme ich doch nie ans Ziel. Oder werde ich jetzt zurück geschickt und muss von vorn anfangen? Ist der Weg jetzt ein anderer? Vielleicht bin ich es, die sich ändert. Aufmerksam geworden gehe ich weiter. Ich lasse mich von außen nach innen und wieder nach außen führen. Meinem Körper kommt die hin- und her pendelnde Bewegung vertraut vor und so gewinne ich Vertrauen in meine Schritte. Ich weite mich, dehne mich in die Zeit, die still zu stehen scheint. Ein Windhauch berührt mein Gesicht, Lavendelduft verführt meine Nase, Bienen summen.
Meine Füße bringen mich in die Mitte, ich bin angekommen, bei mir. Ich dehne mich in den Himmel über mir und fühle tiefen Frieden. So wie als Kind, wenn ich unter meiner Hängeulme saß und mich geborgen wusste. Mit dieser Erinnerung im Herzen laufe ich leichtfüßig hinaus in die Welt, die mich mit dem Autolärm der Großstadt empfängt.

Wandeln – Wenden – Labyrinth- alles was endet beginnt

Martina Klein, 2018

Leben (Loslassen)

Arbeiten (Ahninnen)

Begegnen

Yoga

Rückblick

Ideen

Nachspüren

Träumen, Tanzen, Teilen

Hinein horchen heute

 

Loslassen, alles was grad ist,

Ahninnen

Begegnen, im

Yoga zu mir finden,

Rückblickend meinem

Innersten nachspüren,

Träumen und Tanzen,

Heute im Hier und Jetzt mich fühlen.

 

Lustvoll bewegen

Außen und Innen

Begegnen, berühren

Yogaübungen im

Rasenrund

Immer wieder

Nachspüren

Tief atmen, mich

Hingeben der Stille in mir in einer Landschaft die Land schafft.

 

Labyrinth (Gedanken einer Gärtnerin)

Patricia Geyer, 2018

Mein Weg mäandert durch die Weite der Zeit. Strebt mal zur Mitte, mal zur Auseinandersetzung mit der Welt. Mal fühle ich mich ganz, ruhe in mir, eins mit dem, was ist. Ein andermal wieder verwirren sich/mich meine Schritte, scheinen ins Chaos zu führen, weg von dem, was ich mir ersehne. Bis dann ganz unerwartet eine Wendung alte Wünsche im neuen Kleid in mir Erfüllung finden lässt.

Das Wiesen-Labyrinth lädt mich ein, meinen Weg konkret auf überschaubarer Fläche zu erforschen. Ich fühle die tragende Erde unter meinen Füßen. Nehme bewußt jede Windung wahr. Sehe: Er führt zur Mitte und wieder hinaus, pendelt mich ein ins lebendige Werden und Vergehen. Im Frühling erwacht das Leben: Ein roter Faden blühender Tulpen, prächtig, strahlend schön, lockt die Lust des Aufbruchs. Die Form tritt klar hervor. Selbstsicher nutze auch ich meine schöpferische Kraft. Im Laufe der Zeit entwickeln sich am Wegesrand wilde Gräser und Kräuter. Sie entfalten ihre unverwechselbare Gestalt, beginnen jeweils in ihrer eigenen Zeit zu blühen. Von dem intensiven Duft ihrer Blüten angezogen, schwirren bald vielfältige Insekten umher. Neugierig betrachte ich meine Weggefährten, nehme Kontakt auf, beschleunige oder verlangsame meinen Gang, verharre in Beobachtung. Während mein Körper zur Ruhe kommt, in eine unendliche Tiefe zu sinken scheint, dehnt sich meine Seele aus. Mein Geist weitet sich, um die neuartigen sinnlichen Einflüsse zu verarbeiten. Gedanken flattern mit den Schmetterlingen durch die warme Luft. Während Salbei, Thymian und Oregano in der feurigen Mittagsglut später Sommertage schwelgen und die Kraft der Sonne in sich speichern, wandere ich weiter in den kühleren Schatten alter Bäume. Grashalme, von Ähren schwer, neigen sich kreuz und quer über meinen Pfad. Behutsam durchschreite ich dieses filigrane Geflecht. Spinnen nutzen Stengel als Baugerüste. Manchmal treffe ich auf eine Kreuzspinne, die im Zentrum ihres Netzes thront. Um sie nicht zu stören, winde ich mich vorsichtig daran vorbei. Zerreißt ein Netz, sendet sie neue Fäden aus und beginnt wieder zu weben. Wenn die Strahlen der Sonne schwächer werden, bringt Tau die unterschiedlichsten Strukturen der labyrinthischen Welt zum Glänzen. Da ich um ihre heilsamen Kräfte weiss, nehme ich mir jetzt ein paar Stengel der sonnenvollen Kräuter mit für die winterlich karge Zeit. Samenstände, oft winzige, faszinierende Gebilde, entstehen, wo noch vor wenigen Wochen farbenfrohe Blüten lachten. Aus einst sattem Grün schimmern Gelb- und Rottöne herauf. Vögel freuen sich über reiche Nahrung: Nicht nur Samen finden sie hier, auch Insektenlarven und Würmer. Rauhe Winde fegen zwischen kahlen Zweigen hindurch, drängen das Leben zurück zur Erde. Die Essenz bleibt erhalten, überdauert eisige Angriffe und macht sich bereit, neu zu werden.